Begeistern als Job


Auf Stelzen stehen und Keulen jonglieren, Riesenseifenblasen durch die Luft schweben lassen oder ein fauchendes Feuerseil verwirbeln: Es ist nicht selbstverständlich, dass man sich damit beschäftigt und sich auch noch damit selbstständig macht. Wie also sind Sandy und Clemens Ziegeler darauf gekommen?

Sandy hat Sport studiert, Akrobatik als Lieblingsfach entdeckt und war auf mehreren Jongliertreffen. Auf einem hat sie Clemens getroffen, der schon als Schüler und später Student der Erziehungswissenschaften gern auf einer Bühne stand, etwas vorgeführt hat, „damit andere daran ihre Freude haben“.

Beide sind zusammen nach Neuseeland gereist, haben dort auf der Straße gespielt und andere in ihr Spiel einbezogen. Das war die Inspiration, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, und das Projekt „Weltentor“ war geboren. Auf Betriebsfeiern und Straßenfesten, Kindergeburtstagen und Hochzeiten treten sie auf, in Sälen, auf einem Tieflader oder Hochseecontainer, das alles hat es schon gegeben. Auch einen Mähroboter, der während der Vorführung in einem Hotelgarten automatisch ansprang und die beiden fast weggemäht hätte. Zumindest fast, ganz so dramatisch schildern es die beiden nicht.


Sandy ist außerdem Trainerin für Poledance, Clemens Zirkuspädagoge, beide geben Workshops und gehören zum Gestalter-Team der Phoenix Fire Convention, des weltweit größten Treffens von Feuerkünstlern. Solche Conventions sind in der Szene der Akrobaten und Jongleure wichtig, Sandy und Clemens nehmen – zumindest in der Vor-Corona-Zeit – vier oder fünfmal im Jahr an solchen Veranstaltungen teil. „Man zeigt sich gegenseitig neue Figuren und Moves, da können wir viel lernen und uns weiterentwickeln“, sagt Clemens. Mit der Weltencon veranstalten sie selbst eine Convention. Für 2020 war diese in der Duburg-Skolen in Flensburg geplant, ist allerdings coronabedingt ausgefallen. Die drei Jahre davor hat sie in der dänischen Schule in Süderbrarup stattgefunden, mit etwa 350 Besucher*innen am Wochenende. Willkommen ist jede und jeder, der bereits jonglieren kann oder es lernen möchte. Und jonglieren, erklären die beiden, fasst nahezu alle Zirkuskünste zusammen, also Bälle und Keulen, aber auch Stäbe, Poi, Hula-Hoop, Diabolo, Akrobatik (Menschen jonglieren) und mehr. Da ist für jeden etwas dabei.

„Bälle jonglieren, also zumindest einfaches Werfen und Fangen von drei Bällen in der Luft, kann man innerhalb von zehn Minuten lernen“, sagt Clemens. Im Ernst? „In Neuseeland haben wir darum mit Passanten gewettet und bis auf einmal immer gewonnen. Das war ein Fußballer, der wirkliche gewaltige Schwierigkeiten mit seinem Rhythmusgefühl hatte. Das ist aber sehr selten.“


Ob Jonglieren, Poledance oder Akrobatik: Die fließenden Bewegungen, die Kombination aus Konzentration und Leichtigkeit, das macht „immer ein wenig glücklicher und fordert auch das Gehirn“, sagt Sandy. Ist denn die Arbeit mit Kindern einfacher? „Ja und nein. Kinder machen einfach, Erwachsene diskutieren erst. Dafür sind die Älteren leichter dazu zu bewegen, mehrfach zu üben.“ Dass die beiden aber bestens mit Kindern umgehen können, haben sie schon auf der Obstwiese des SBV gezeigt und seit einigen Jahren in den Feriencamps der SBV-Stiftung Helmut Schumann.


Im vergangenen Jahr allerdings musste das Camp, ebenfalls coronabedingt, abgesagt werden. „Uns ist fast alles weggebrochen“, sagt Clemens. Geholfen hat vor allem, dass Sandy halbtags im Stadtmuseum Schleswig beschäftigt ist. In der Werkstatt Tools zu reparieren und neue zu bauen, zu trainieren und sich fortzubilden, das alles gehört weiterhin zum Alltag, ansonsten „sortieren wir uns und planen neue Figuren, Elemente und Shows“.

Der ganz große Traum ist noch nicht erfüllt: ein eigener Hof. Ein Ort für Workshops, Pädagogik und Feste, Klettergerüste und Spiele, Sport und Spaß für Erwachsene und Kinder, auf jeden Fall bunt und lebendig soll es sein, ein bisschen Jahrmarkt und Happening – und auch Freizeitpark? „Na ja, wir wollen keinen lärmenden Rummel, sondern eher etwas Kleines und Feines, auf Details und Nachhaltigkeit achten“, entgegnet Clemens. Das wichtigste sei es, so Sandy, „dass die Menschen, die zu uns kommen, ihre Freude haben und neue Welten entdecken. Denn das ist unsere ganz große Leidenschaft: andere zu begeistern und die Tore dieser Welten zu öffnen. Das Weltentor.“


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