Seit Mai 2020 sitzen acht „Stammgäste“ in den Bankreihen der St.-Petri-Kirche in der Nordstadt. Sie bleiben, solange die Pandemie anhält – als Platzhalter für die Kirchenbesucher. Die lebensgroßen Holzfiguren sind eines der Projekte von Johannes Caspersen.
Bildhauerei, Malerei, Druckgrafik, Installation – Johannes Caspersen ist breit aufgestellt, ein moderner Künstler, der „den Drang hat, sich nicht nur in eine Richtung zu äußern“. Seit 1996 ist er freischaffend. Er hat schon früh gezeichnet und gemalt und nach dem Abitur zunächst eine Goldschmiedelehre gemacht. „Das Kunsthandwerk ist die Grundlage, aber es hat für mich schnell seine Grenzen aufgezeigt. Ich wusste, es sollte noch weitergehen.“
Während seiner Ausbildung in der Werkkunstschule in Flensburg hat Johannes Caspersen Holz als Werkstoff für sich entdeckt. Mit der eigenen Werkstatt war dann auch der erforderliche Platz da für das, was er heute als seinen künstlerischen Schwerpunkt bezeichnet: figürliche Bildhauerei. Die Baumstämme, die er mit Kettensäge, Stecheisen und Schleifmaschine bearbeitet, kommen aus der näheren Umgebung. Wenn er sich selbst um sein Material kümmert, ist es immer bereits entwurzeltes Holz, gern aus der Marienhölzung.
Hat er anfangs noch fotorealistische Figuren gearbeitet, haben seine aktuellen Arbeiten eher etwas Archaisches, Expressives, sind „mit Emotionen aufgeladen“. „Fotorealistische Arbeiten sind handwerklich faszinierend, aber für mich gerade wegen ihrer Lebensnähe zu tot“, sagt der 54-Jährige.
Neben den großen Holzskulpturen fertigt Johannes Caspersen immer auch „Flachware“, wie er Bilder und Druckgrafiken nennt. Das hat einerseits mit dem Wunsch nach vielseitigem Ausdruck zu tun, andererseits mit dem relativ kleinen Markt für Bildhauerwerke und dem großen körperlichen Einsatz, der dafür erforderlich ist. Über die Druckgraphiken haben zudem mehr Menschen die Möglichkeit, sich etwas von ihm zu kaufen. „In Dänemark ist es Tradition, immer auch Druckgrafiken anzubieten. Das habe ich für mich so übernommen.“
Zusätzlich zur Arbeit in der eigenen Werkstatt ist der Künstler immer wieder auch als Dozent und Organisator von Kunstprojekten gefragt – ein Standbein, das in Pandemiezeiten wegfällt. Die Gespräche, das Miteinander, das fehlt ihm. Die sozialen Medien bieten dafür keinen adäquaten Ersatz. Aber sie ermöglichen eine virtuelle Begleitung seiner Arbeit – zum Beispiel bei der Fertigung der Heiligen Familie für die St. Petri-Kirche und des kleinen Bergmüllers, der zugunsten der Bergmühle verkauft wird.
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