"Nur Schönheit herzustellen reicht mir nicht"


Ein Fingerring, geformt wie eine Welle. Nicht klassisch-maritim, eher wie ein Stück vorsichtig abstrahierte Naturabbildung. Ein Fischkörper aus gebogenem Draht, der an der Wand immer neue Schattenbilder wirft. Ein Objekt aus einem mit Plastikabfall gefüllten Fisch, „serviert“ auf einem weißen Teller mit einer Zitronenscheibe. Titel: Bon appetit.


Alle drei Werke sind von Dominique Lenoir. „Ich habe schon früh künstlerisch gearbeitet“, sagt sie und zeigt auf einen filigranen, gerahmten Scherenschnitt in ihrer Werkstatt. Aber bevor sie sich vor sechs Jahren als Goldschmiedin selbstständig gemacht hat, hat die gebürtige Französin Agrarwissenschaft studiert und anschließend als Diplom-Ingenieurin in der Landwirtschaftskammer und in einer Molkerei gearbeitet.

Erst nachdem sie 2003 aus privaten Gründen nach Norddeutschland zog und in Kiel einen Goldschmiedekurs an der VHS besucht hat, stand für sie fest: „Das ist genau die richtige Kombination aus Handwerk und Kunst. Das möchte ich machen!“ Mit 34 Jahren hat sie dann ihre Ausbildung gemacht und anschließend als angestellte Goldschmiedin gearbeitet.


Inzwischen ist Dominique Lenoir seit sechs Jahren selbstständig. Ihre kleine Werkstatt, die gleichzeitig Ausstellungsraum ist, hat sie im Holm 35 bezogen – einem Gemeinschaftsprojekt von Künstler*innen und Kunsthandwerker*innen. „Die ersten zwei Jahre waren ein Herantasten.“ Sie hat ihren Schmuck gemacht, brauchte aber auch den Austausch und hat daher schon Kurse gegeben. „Mir ist es bis heute wichtig, dieses Handwerk mehr Menschen näher zu bringen. Nach so einem Kurs bin ich immer sehr glücklich, dass ich die Begeisterung für dieses Handwerk weitergeben konnte. Und auch, dass mit der eigenen Erfahrung der Teilnehmenden die Wertschätzung für die Goldschmiedekunst wächst.“


Drei bis vier Kurse gibt sie im Monat. Dazwischen nimmt sie sich auch immer mal wieder Zeit für ihre Kunstobjekte. „Schönheit herzustellen allein reicht mir nicht.“ Wie viele ihrer Schmuckstücke haben auch ihre Kunstobjekte einen engen Bezug zur Natur. In diesem Fall zur Zerstörung der Natur. Das Sterben der Bienen und die Verschmutzung der Meere sind zwei Themen, die sie aktuell besonders beschäftigen. Häufig kombiniert sie dabei Müll mit Edelmetallen. „Die Edelmetalle stehen für etwas sehr Wertvolles. Sie sind ein Symbol für das Leben, das wir immer mehr gefährden.


In einigen Fällen verbindet Dominique Lenoir die Objekte mit Schmuck, zum Beispiel bei einem Werk zum Bienensterben. In der Mitte einer gerahmten Fläche steckt eine silberne Blume, die entfernt und als Kettenanhänger getragen werden kann. Drumherum auf künstlichem Rasen winzige fliegende Bienenskulpturen, außen auf einer Betonfläche „tote“ Bienen. „Statt den Schmuck in einem Schmuckkästchen verschwinden zu lassen, wird er Teil eines Objekts.“


Erst nach einem längeren Prozess konnte sie sich selbst als Künstlerin anerkennen. „Ich habe nie Kunst studiert und hatte lange Probleme, mich als Künstlerin zu sehen, auch wenn ich mich immer als eine gefühlt habe.“ Erst als sie sich vor drei Jahren beim Berufsverband Angewandte Kunst (BAK) beworben und als Künstlerin anerkannt wurde, hat sie sich mehr zugetraut. „Das war für mich eine wichtige Anerkennung.“


Mit einem Klick auf das Foto geht es zu den porträtierten Künstlerinnen und Künstlern: